Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV)
Der Begriff „Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV)“ beinhaltet die Gesamtstruktur und die Maßnahmen der Prävention sowie der kurz-, mittel- und langfristigen Versorgung im Kontext von belastenden Notfällen bzw. Einsatzsituationen.
Ziele der PSNV sind
- Prävention von psychosozialen Belastungsfolgen
- Früherkennung von psychosozialen Belastungsfolgen nach belastenden Notfällen beziehungsweise Einsatzsituationen
- Bereitstellung von adäquater Unterstützung und Hilfe für betroffene Personen und Gruppen zur Erfahrungsverarbeitung sowie die angemessene Behandlung von Traumafolgestörungen und – bezogen auf Einsatzkräfte – einsatzbezogene psychische Fehlbeanspruchungsfolgen.
Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E)
Zur Primären Prävention (Einsatzvorbereitung) werden alle präventiven Maßnahmen gezählt, die das Belastungsausmaß in künftigen, auch extremen Einsatzsituationen senken können und damit das Risiko von Traumafolgestörungen verringern. Dazu gehören Maßnahmen der Vorbereitung der Einsatzkräfte im Rahmen der Aus- und Fortbildung, die Optimierung von Arbeits- und Organisationsstrukturen in den Wachen und Wehren, die Verfügbarkeit von kontinuierlich eingesetzten psychosozialen Ansprechpartnern, ein positives soziales Arbeitsklima sowie die Förderung einer achtsamen und fürsorglichen Haltung gegenüber der eigenen körperlichen und psychischen Gesundheit. Einsatzbegleitung als Teil der sekundären Prävention findet während des Einsatzes statt und umfasst die psychosoziale Begleitung der Arbeit der Einsatzkräfte durch Führungskräfte, Peers und psychosoziale Fachkräfte. Jedoch beinhaltet Einsatzbegleitung keine aktiven einsatznachsorgenden Maßnahmen. Einsatznachsorge als Teil der sekundären Prävention findet Tage bis 2-3 Wochen nach Einsatzabschluss statt und beinhaltet methodisch-strukturierte Maßnahmen im Rahmen von Einzelberatungs- und Gruppennachsorgegesprächen inkl. einer Bedürfnis- und Bedarfserhebung sowie der Vermittlung ins berufliche oder soziale Netzwerk bzw. zu internen oder externen psychosozialen Hilfen. Zur Tertiären Prävention im Einsatzwesen werden alle längerfristigen Maßnahmen der Einsatznachsorge gezählt, die psychotherapeutische Interventionen (Schwerpunkt Psychotraumatologie) umfassen. Ziel ist die Linderung und Heilung sowie Prävention von Chronifizierung einer eingetretenen psychischen Traumafolgestörung und die Ermöglichung der Rückkehr in Alltag und Beruf bei Einsatzkräften.
Die Begleitung und Unterstützung von Einsatzkräften der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr nach belastenden Einsätzen ist eine Selbstverpflichtung für uns alle. Eine Kreiseinheit zur psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E) steht bereit, um die erforderliche Hilfestellung zu geben und Betroffene zu begleiten. Niemand muss mit seinen Eindrücken alleine bleiben!
Das PSNV-E-Team Euskirchen besteht aus zwei Dutzend besonders qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Rettungsdienst, den Freiwilligen Feuerwehren, dem Deutschen Roten Kreuz, den Maltesern, dem DLRG und dem THW aus dem Kreis Euskirchen sowie Fachkräften der Psychologie und Psychotherapie.
Die Ausbildung erfolgt mit internationaler Zertifizierung durch das ICISF für das Critical Incident Stress Management - CISM)
Das Team ist geschult, um nach belastendem Erleben in Einzel- oder Gruppengesprächen
- gemeinsam mit Betroffenen deren Gedanken zu reflektieren,
- spürbare Veränderungen am Körper, Verhalten, Denken oder Fühlen zu erklären und zu mildern oder
- Strategien zu entwickeln, damit sich diese Veränderungen nicht dauerhaft festsetzen. Was bleiben darf sind Erfahrungen, aber keine Krankheiten.
Die Mitglieder der Kreiseinheit therapieren nicht, aber sie helfen beim gemeinsamen Austausch. Neben dem Gesprächsangebot bieten sie auch Unterstützung im familiären Bereich an, denn die Belastung der Betroffenen ist gerade auch dort häufig spürbar. Das Team hilft bei der Formulierung von Unfallanzeigen und verfügt über ein Netzwerk, um im Bedarfsfall zügig professionelle Hilfe vermitteln zu können. Ganz wichtig: Die Mitglieder der Kreiseinheit PSNV-E arbeiten vertraulich.
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des Teams liegt in der Prävention durch Aus- und Fortbildung im Bereich der Sensibilisierung im Umgang mit belastendem Erleben.
Psychosoziale Notfallversorgung für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen und/ oder Vermissende (PSNV-B)
Die Begleitung und Unterstützung für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen und/oder Vermissende - und das auch anonym. Niemand muss mit seinen Eindrücken alleine bleiben.
Die PSNV- B Maßnahmen gliedern sich in die psychische erste Hilfe, psychosoziale (Akut-) Hilfen und heilkundliche Interventionen. Die psychosoziale Akut Hilfe (PSAH) wird im Kreis Euskirchen vom Kriseninterventionsdienst (KID) des Deutschen Roten Kreuz (DRK) angeboten.